Europäischer Gerichtshof in Luxemburg korrigiert erneut deutsches UrlaubsrechtSeptember 2014
In einer aktuellen Entscheidung hat der EuGH - zum wiederholten Male -
Grundsätze des deutschen Urlaubsrechts über Bord geworfen. Worum
ging es diesmal: Der Arbeitnehmer hatte hohe Urlaubsguthaben aufgebaut. Noch bevor
der Urlaub genommen werden konnte, verstarb der Arbeitnehmer. Die Witwe klagte
auf finanzielle Abgeltung des Urlaubsguthabens. Nach der bislang geltenden
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) war die Rechtslage klar:
Der Urlaub ist ein höchstpersönlicher Anspruch, dessen Zweck Erholung von den
Anstrengungen und Belastungen der Arbeit ist. Kann dieser Zweck nicht mehr
erreicht werden, erlischt der Anspruch ersatzlos. Anders ist dies nur, wenn der
Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuvor einen
Abgeltungsanspruch erworben hat, wie dies gesetzlich unter den dort
genannten Voraussetzungen geregelt ist. Auch der Abgeltungsanspruch soll wie
der Urlaub ermöglichen, sich anderweitig mit der Abgeltungssumme Erholung zu
verschaffen. Ein solcher Abgeltungsanspruch ist jedoch „nur“ noch ein reiner
Geldanspruch, der - wie andere finanzielle Forderungen auch -
vererbt werden kann. Endet das Arbeitsverhältnis indessen durch Tod
des Arbeitsnehmers, kann dieser nicht vorher oder gleichzeitig noch
einen Abgeltungsanspruch erwerben. Deshalb gehen die Urlaubsansprüche ersatzlos
unter.
Der EuGH sieht dies genau umgekehrt. Auch bei einem solchen Verlauf entstehe ein Abgeltungsanspruch, der den Erben zustehe. Die Witwe wird nun also den Gegenwert des Urlaubsguthabens erhalten.
Über das Ergebnis kann man geteilter Meinung sein. Die Begründung des Urteils und der Absage des EuGH an die Rechtsprechung des BAG aber ist zweifellos schwach und wenig zwingend. Der EuGH hebt die besondere Bedeutung des Urlaubszwecks für die soziale Situation der Beschäftigten hervor. Diese Bedeutung gebiete im Ergebnis seine Entscheidung. Auch das BAG verkennt die Wichtigkeit des Urlaubszwecks zweifellos nicht. Es trägt aber mit der bisherigen Rechtsprechung dem – bei aller Tragik solcher Ereignisse – offenkundigen Umstand Rechnung, dass mit dem Tod eines Arbeitnehmers jeder Urlaubszweck sein Ende findet. Damit befasst sich der EuGH nicht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass in erster Linie das Entscheidungsergebnis gewollt war.
EuGH Urteil vom12.6.2014 - C-118/13
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