Europäischer Gerichtshof in Luxemburg korrigiert erneut deutsches Urlaubsrecht

In einer aktuellen Entscheidung hat der EuGH  - zum wiederholten Male -
 Grundsätze des deutschen Urlaubsrechts  über Bord geworfen. Worum
ging es diesmal: Der Arbeitnehmer hatte hohe Urlaubsguthaben aufgebaut. Noch bevor
der Urlaub genommen werden konnte, verstarb der Arbeitnehmer. Die Witwe klagte
auf finanzielle Abgeltung des Urlaubsguthabens. Nach der bislang geltenden
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)  war die Rechtslage klar:
Der Urlaub ist ein höchstpersönlicher Anspruch, dessen Zweck Erholung von den
Anstrengungen und Belastungen der Arbeit ist. Kann dieser Zweck nicht mehr
erreicht werden, erlischt der Anspruch ersatzlos. Anders ist dies nur, wenn der
Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuvor  einen
Abgeltungsanspruch erworben hat, wie dies  gesetzlich unter den dort
genannten Voraussetzungen geregelt ist. Auch der Abgeltungsanspruch soll wie
der Urlaub ermöglichen, sich anderweitig mit der Abgeltungssumme Erholung zu
verschaffen. Ein solcher Abgeltungsanspruch ist jedoch „nur“ noch ein reiner
Geldanspruch, der -  wie andere finanzielle Forderungen auch -
 vererbt werden kann. Endet das Arbeitsverhältnis indessen  durch Tod
des Arbeitsnehmers, kann dieser nicht  vorher oder gleichzeitig  noch
einen Abgeltungsanspruch erwerben. Deshalb gehen die Urlaubsansprüche ersatzlos
unter.




Der
EuGH sieht dies genau umgekehrt. Auch bei einem solchen Verlauf entstehe ein
Abgeltungsanspruch, der den Erben zustehe. Die Witwe wird nun also den
Gegenwert des Urlaubsguthabens erhalten.



Über das Ergebnis kann man
geteilter Meinung sein. Die Begründung des Urteils  und der  Absage
des EuGH an die Rechtsprechung des BAG aber ist zweifellos schwach und
wenig zwingend. Der EuGH hebt die besondere Bedeutung des Urlaubszwecks
 für die soziale Situation der Beschäftigten hervor. Diese Bedeutung
gebiete im Ergebnis seine Entscheidung. Auch das BAG verkennt die Wichtigkeit
des Urlaubszwecks zweifellos nicht. Es trägt aber mit der bisherigen Rechtsprechung
dem – bei aller Tragik solcher Ereignisse – offenkundigen Umstand Rechnung,
dass mit dem Tod eines Arbeitnehmers jeder Urlaubszweck sein Ende findet. Damit
befasst sich der EuGH nicht. Es drängt sich der Eindruck  auf, dass in
erster Linie das Entscheidungsergebnis gewollt war.




EuGH
 Urteil vom12.6.2014  - C-118/13    
 


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